Alle Beiträge von philippurrutia

Es lebe der Optimismus

Schon Voltaire wusste: Wir leben in der besten aller Welten! Unter diesem Motto entsteht derzeit unter der Leitung des Kurators Candide DuJardin eine multimediale Gartenschau im Centre Français de Berlint! Wer eine exklusive Führung von OfW durch diese Ausstellung erleben möchte, hat im Rahmen des kommenden Performing Arts Festival 2019 die Möglichkeit dazu. //
Even Voltaire already knew that we live in the best of all worlds! Under this premise upcoming curator Candide DuJardin is right now creating a multimedia gardening show with the help of a group of artists. The venue: Centre Français de Berlin, OfWs new temporary residency! During the Performing Arts Festival 2019 we will do guided tours through this exhibition.

Sprachen // Languages: EN
Übersetzt auf // Translated to: DE / FR
Wann // When: 
Donnerstag, 30. Mai 2019, 14 Uhr & 20.30 Uhr
Samstag, 01. Juni 2019, 14 & 20.30 Uhr
Wo // Where: Centre Français de Berlin, Müllerstraße 74, 13349 Berlin
Dauer der Führungen // Duration of tours: ca. 70 min

https://performingarts-festival.de/de/2019/programm/vive-loptimisme

Let’s get unframed!

Vom Kampf des ersten Gedankens bis zur manifestierten Idee geht es in dem Monodrama „My Name is Manifesto. _______ Mein Name ist Manifesto. _______  اسمي بيان“. Baian Aljeratly wird damit in der vierten Ausgabe des Unframed Festivals zu sehen sein. Unter dem Motto „Matter of Words / Wortangelegenheiten“ wird die Macht der Sprache ergründet: als Form, die radikale Kämpfe führt, die Gemeinschaft schafft und die uns für immer prägt. //
The fight from the first thought to a manifestion: The Monodrama „My Name is Manifesto. _______ Mein Name ist Manifesto. _______ اسمي بيان“ with Baian Aljeratly will be seen at the fourth edition of the Unframed Festival which will observe the “Matter of Words” – from the power of words into radical definitions, to the power of words that cradle us. From the words we blind ourselves with, to the ones that brand us forever.

Wann // When: Samstag, 27. Mai 2019, 18.00 Uhr
Wo // Where: New Yorck im Bethanien, Silver Stage
Südflügel, Mariannenplatz 2a, 10997 Berlin-Kreuzberg

http://www.unframedfestival.de/

Ein Haufen Schei*e

Zusammenfassung für Wikipedia eines zeitgenössischen Dramas:

Personen:
Ein Regent
Dessen Anhänger
Einige Fürsten
Ein weiterer Regent aus dem Nachbarreich
Ein Staatssekretär
Dessen Nachfolger
Ein Museumsdirektor, Nachfolger des Regenten
Die Presse
Das allgemeine Volk
Eine Gruppe Anarchisten

Ort der Handlung: Ein Hofstaat inmitten einer deutschen Großstadt sowie die unmittelbare Umgebung.

Prolog: Die Presse redet von einer 25-jährigen Regentschaft, in der ein wütender Rebell aus einer Trümmerlandschaft einen strahlenden Hofstaat schuf, dem anfangs ebenso wütende, dann erfolgreiche Fürsten angehörten und dessen Anhängerschaft immer weiter anwuchs, was sämtliche Widersacher verstummen ließ.

1. Akt: Wir erfahren von der Absetzung des Regenten binnen zwei Jahren, die von der Presse verkündet wird (1. Szene). Daraufhin kommt es zu vereinzelten Aufschreien im allgemeinen Volk (2. Szene), bevor zunächst seine Anhänger und dann der Regent selbst in Erscheinung treten und Unmut über den Erlass äußern, was zu Tumulten im allgemeinen Volk führt (3. Szene). Als der Staatssekretär sich an einem geheimen Ort mit dem von ihm ernannten Nachfolger trifft, kündigt ein lauter Schrei aus dem Off die Absetzung des Regenten aus dem Nachbarreich an, woraufhin der erschrockene Museumsdirektor seine Flucht ins Ausland ankündigt (4. Szene).

2. Akt: Der abgesetzte Regent des Nachbarreiches stellt sich mit einer Rede vor die Presse, in der er für seinen ehemaligen Widersacher Partei ergreift und zur Hexenjagd gegen den Staatssekretär aufruft (1. Szene). Von dem Elan mitgerissen entfacht die Presse einen Sturm, bei dem sich ein Tornado plötzlich in einen Scheißhaufen verwandelt, der für den Rest des Aktes in der Luft schweben wird, die Fürsten heizen den Sturm mit lauten Parolen an, die das allgemeine Volk wie ein Echo wiedergibt (2. Szene). Der inzwischen stark angeschlagene Staatssekretär sucht den noch herrschenden Regenten während eines rauschendem Festes auf und verlangt Abbitte, die ihm jedoch verwehrt wird, woraufhin seine Anhänger den Staatssekretär vom Hofe jagen und alle Tore von innen verriegelt werden (3. Szene). Vor den Toren bricht der Staatssekretär in den Armen des zurückgekehrten Museumsdirektors zusammen, der in Folge dessen gerade noch rechtzeitig vor dem allgemeinen Volk in ein anliegendes Versteck flüchten kann, vor dessen Eingang am Ende des Aktes der Scheißhaufen landet (4. Szene).

3. Akt: Am Hofe hat sich der scheidende Regent inzwischen mit dem Nachfolger des Staatssekretärs angefreundet, gemeinsam erörtern sie die Möglichkeiten zur Auflösung des erteilten Beschlusses, während eine Gruppe Anarchisten, die aus dem allgemeinen Volk vervorgegangen ist, zur Audienz am Hofe eintreffen, sich jedoch mit ihrem Anliegen bedeckt halten (1. Szene). Ein Fürst tritt während des immer noch andauerndes Festes am Hof vor die Presse und sorgt dafür, dass der Sturm aus dem 2. Akt abermals entfacht wird. Der Museumsdirektor entgeht beim Verlassen seines Versteckes nur knapp dem Scheißhaufen, der laut seiner Aussage jeden Tag von einem aufkommenden Sturm in die Luft geschleudert wird und dann wieder auf dem Boden vor dem Versteck landet (2. Szene). Die Gruppe der Anarchisten bewaffnet sich mit einigen Munitionen Scheiße und trifft beim Zielen auf das Versteck des Museumsdirektors mehr oder weniger versehentlich das allgemeine Volk. Es kommt zu einer verbalen Schlacht zwischen Vertretern des allgemeinen Volkes mit den Anarchisten, die von nun an immer wieder zwischen dem restlichen Geschehen aufflammen wird (3. Szene). Vollends betäubt vom allgemeinen Rauschgefühl, das am Hof und vor dessen Toren herrscht, tritt der abgesetzte Regent am letzten Tage seiner Herrschaft vor die Massen und sprengt sich mit dem Wahrzeichen seines Hofstaates vor allen Anwesenden in die Luft, während seine Anhänger sowie der neue Staatssekretär das Geschehen anfeuern (4. Szene).

4. Akt: Einige Wochen später. Wir erfahren von der Presse, dass auch der benachbarte Regent inzwischen verschieden ist und von dem Museumsdirektor, der nun eigentlich seine Herrschaft antreten sollte, jede Spur fehlt (1. Szene). Die vorherrschende Ruhe wird plötzlich durch lautes Getöse am Hof unterbrochen. Die Gruppe der Anarchisten öffnet die verschlossenen Tore und beginnt ein tosendes Konzert mit dem Titel „Wiederauferstehung“, bei dem aber die Presse erfolglos versucht, etwas zu verstehen und welches letztendlich durch einen Stromausfall unterbrochen wird. Da keiner der Anarchisten weiß, wie die Sicherungen wieder eingesteckt werden, und sich einige von ihnen nun eher den Revanchisten zugehörig fühlen, verlassen sie den Hof, vor dessen Toren nun der neue Staatssekretär widerwillig die Tür für den Museumsdirektor offen hält und beinahe von dem wieder auffliegenden Scheißhaufen erschlagen wird (2. Szene). Der sichtlich gealterte und derweil mit Scheiße beschmutzte Museumsdirektor betritt nun endlich den Hof und fällt bei Besteigung des Thrones in einen tiefen Schlaf (3. Szene).

5. Akt: Wieder einige Wochen später. Während Teile der vermeintlichen Anarchisten vor den Toren ausharren und den Hof vereinzelt mit Scheiße bewerfen, kommt die Presse schlaftrunken aber höchstvergnügt von einer Audienz beim neuen Regenten und verkündet dem allgemeinen Volk, dass man unbesorgt sein kann, denn die erste Annahme sei die richtige und es gäbe „absolut gar keinen Anlass, erstaunt zu sein.“

Ein INTRO für Dramaturgie

Leitartikel INTRO Festival / 2016 / Leipzig.

Theaterstücke sind lediglich der Beginn der gemeinsamen Auseinandersetzung, aber das ist sehr viel mehr, als wir denken.*

Dieses Festival ist eine Initiative von Dramaturgiestudierenden in Leipzig. Der Geburtsort war eine Bildungseinrichtung, ein Ort der Wissensvermittlung unter einem bestimmten Vorhaben: Verbindung von Theorie und Praxis. Sicherlich keine leichte Aufgabe, die ebenso die Frage nach der Identität der Dramaturgie stellt. Was ist sie? Und wo? Kann man sie erlernen? Sind Dramaturgen Wissensträger im Theater- und Kunstbetrieb? Kann Dramaturgie sich entfalten, indem sie allein Wissen wiedergibt, also das Echo eines angeeigneten Wissens ist?

Ein Echo – das entsteht, laut frei-enzyklopädischer Definition, „wenn Reflexionen einer Schallwelle so stark verzögert sind, dass man diesen Schall als separates Hörereignis wahrnehmen kann“. Es verfügt über keine eigene Dramaturgie – vielmehr ist es ist nur die Kopie eines Tons, eines Impulses oder eines ausgesprochenen Gedankens. Ein Echo verfügt über keinen wahrhaftigen Kern, ist durch seine wiederkehrende Natur nichts weiter als Reflexion. Entsteht bei Gelegenheit und ertönt nur unter bestimmten Umständen.

Ein Intro hingegen ist nicht nur Gelegenheit, nicht nur (Wahl-)Möglichkeit: Es ist dies Verpflichtung auf eine neue Abfolge, auf etwas, das automatisch nach ihm zu kommen hat. Es gibt den Startschuss für eine neue Dramaturgie, die sich nicht aus Widerhall speisen kann, sondern eigene Impulse gibt. Um ihrer eigenen Natur gerecht zu werden, ist die Dramaturgie darauf angewiesen, sich ihr eigenes Intro zu schaffen. Denn durch pure Reflexion und Widerhall kann sie nicht überleben, verliert ihre Relevanz und ihren wahrhaftigen Kern. Dennoch kann sie beeinflusst werden, andere Töne und Schwingungen aufnehmen, sich mit ihnen vermischen in einem Wirrwarr von Lauten, welches gerade durch seine Vielstimmigkeit, seine Dissonanz und Unregelmäßigkeit einen absoluten Anspruch auf Relevanz verfolgen darf.

Überall begegnen wir dem Wort Krise: Wir vermögen es zu benennen und werden ihm gleichzeitig doch nicht Herr. Ein Klischeebild des Dramaturgen zeichnet diesen eingeschlossenen in einem Büroraum des Theaters – ist er vertieft in oder versteckt hinter in seiner Lektüre? Geflüchtet vor einem alles übertönenden Konzert, welches voll von Konflikten, Themen und Möglichkeiten steht, die ihrer ganz eigenen Dramaturgie folgen? Zurückgezogen in ein längst poröses Herrschaftshaus, welches stets droht zusammenzufallen?

Werden die Fenster des Theaters geöffnet, so dringt Straßenlärm hinein.*

Wir haben uns entschlossen, nicht nur die Fenster, sondern auch die Türen aufzureißen, und zu einer achttägigen dramaturgischen Einführung zu bitten. Denn ein Intro allein reicht nicht aus um Relevanz zu erlangen: Es sind die verschiedenen Tonarten, verschiedene Blickwinkel auf die selbe Sache, die wir dafür anhören und betrachten müssen. Die uns dazu gedrängt haben, die unterschiedlichsten Gesprächs- und Kooperationspartner ins Boot zu holen und mit denen wir auf zahlreiche gemeinsame Intros hoffen. Dieses Festival ist aus der Artikulation eines Anliegens heraus entstanden. Wir haben die Initiative ergriffen und uns dabei auch widersetzen müssen. Um unserem Publikum und auch uns selbst zu beweisen, was Dramaturgie alles kann und was sie vielleicht auch muss: Bestehende Systeme und Strukturen nicht nur kritisch aufzeigen, nicht nur hinterfragen, sondern durch Reflexion einen Vorgang vorantreiben. Dramaturgie stößt nicht nur an – Dramaturgie hält Prozesse in Bewegung, unterläuft sie und führt sie auf einen neuen Kurs, verändert den Rhythmus und löst ein Echo aus. Doch das kann sie nur, wenn sie aus einem Impuls, einem Anliegen, einer Forderung heraus geboren wird: Nur dann kann ein Intro gewährleisten, dass ihm eine Dramaturgie folgt, die lebensfähig ist.

* Die Zitate stammen aus den 27 FORDERUNGEN AN DAS THEATER von Hannes Becker und Wolfram Lotz, die im Programmheft komplett abgedruckt und von den Autoren bei der Eröffnungsveranstaltung verlesen wurden.

Das Hamsterrad

Da wir ja keine Dogmen verbreiten sondern nur referieren wollen, mal was Wissenswertes über das Hamsterrad: Es kann sich drehen […] denn Theater hat Aufgaben und Verantwortungen, die es stets aufs Neue gilt, herauszufinden. Dies dient allein dem Zweck, nicht anzusetzen, denn eigentlich sind Aufgabe und Verantwortung eindeutig klar, nur bedarf es dazu im Schuss (also nicht: bequem) zu sein, da beides einen Prozess beinhaltet, der niemals stillsteht: Theater muss seine Rolle als Dialogplattform begreifen. Eine Dialogplattform, an der die Stühle zu groß und die Tische zu winzig sind, als dass die Teilnehmer unterschiedlichster Körpergröße dort bequem Platz nehmen könnten, um einfach miteinander reden zu können. Theater muss auf diese Unterschiedlichkeit seiner Teilnehmer eingehen, durch ständige Erweiterung, Verkleinerung, Verschiebung oder Verschmelzung dieser Dialogplattform. Auch die Dialoge sind unterschiedlichster Art, verlaufen niemals stringent, sind ineinander verwoben und kennen keine Endlichkeit. Um diese Dialoge aufrecht zu erhalten und ihnen den Raum zu geben, in denen ihre Unendlichkeit sich entfalten kann, hat das Theater auf jede Antwort mindestens eine neue Frage parat. Demzufolge darf Theater auch keine Prototypen, keine Gewissheiten, keine Endgültigkeit akzeptieren. Und auch wenn die Teilnehmer von unterschiedlichster Körpergröße sind, muss dass Theater dafür sorgen, dass ihre eigentliche Größe, nämlich die Größe ihrer Rolle im Dialog, niemals über die der anderen hinauswächst. Ein Teilnehmer kann sich z.B. Autor nennen und 428 Dialogpartner haben, die vielleicht Zuschauer heißen. Das Mengenverhältnis auf beiden Seiten ist variabel verschiebbar, ebenso wie die Weichenanzahl, die als Zubringer für weitere Teilnehmer fungieren können, die sich „Mittler“ oder auch Bühnentechniker, Schauspieler oder auch Regisseure nennen. Eher oft als selten verzichten Teilnehmer jedoch auf die Benennung ihrer Rolle, weil sie erkannt haben, dass sie nämlich nur dazu dient, die eigene Größe zu schmälern und einen in das drängt, was in dieser Art von Dialogplattform nicht möglich ist: Das Verfallen in die Bequemlichkeit. In einem geometrisch und physikalisch nicht erklärbaren Selbstverständnis stehen also all diese Teilnehmer im selben Verhältnis zu einander. Wird die Größe einer dieser „Teilnehmerrollen“ zu gering oder ihr Ausmaß zu groß, bricht die Dialogplattform entzwei und das Theater hat seine Aufgaben und Verantwortungen verfehlt. Darauf folgt ein Umbau, der zunächst nicht sichtbar ist, der mit der Anbringung eines großen Transparentes an der imaginären Pforte des ehemaligen Theaters beginnt. Auf diesem Transparent steht „Selbstzweck-Maschinerie“, und darunter: „Nur für Normale“. Obwohl dieser Umbau permanente Bewegung vorgaukelt, besticht er eigentlich durch seinen permanenten Stillstand. Folgerichtig werden an die Seiten große Trittbretter angebaut, die Platz für zahlreiche „Mitfahrer“ erlauben. Obwohl auch sie vermeintlich durch ihre Unterschiedlichkeit bestechen, entpuppen sie sich jedoch relativ schnell als ziemlich gleich, wenn nicht sogar Uniform. Sie alle hören sehr schlecht und können auch nicht richtig gut Gucken. Außerdem sind sie insofern mutiert, als dass in ihrer Bauchgegend ein zweites Gehirn gewachsen ist, welches jedoch nur über Synapsen verfügt, die die Vorstellungskraft schmälern und den Zweifel begünstigen. Ihre verbalen Versuche eines Dialogs, die eigentlich nur Gewissenserleichterungen sind, scheitern durch ihre widersprüchliche Natur. Nicht, weil sie widersprüchlich sind, sondern weil sie diese verneinen: Sie reden viel und sagen wenig, klingen schlau und sind dabei eigentlich recht dumm. Während ab und an in diesem Neubau eine Frage ertönt, wird sie von zahlreichen Antworten erdrückt. Die ursprünglichen Dialogteilnehmer aber sind von der eigentlichen Plattform abgesprungen, bevor diese am Boden zerschellte und ihrem Neubau geweiht worden war. Sie haben dem Mutationsbau, an dem unter dem neuen Transparent immer noch das Wort „Theater“ zu lesen ist (welches allerdings nur noch von Normalen gelesen werden kann), den Rücken zu gekehrt und sammeln sich, wenn auch sehr langsam, aber doch beharrlich einem entstehenden Ameisenhaufen gleich, wieder zusammen und gehen wieder ihren ursprünglichen Aufgaben und Verantwortungen nach und errichten ein neues Hamsterrad.

was tun. politisches handeln – jetzt?!

[Beobachtung Abschlussdiskussion, Jubiläumskonferenz der Dramaturgischen Gesellschaft in Berlin, Tag 4, Januar 2016] Aufforderung: »Nun lasst uns doch mal alle politisch handeln.« Reaktion: –. Symptomatik: Überladener Kopf, Diagnose: Dramaturg*innen-Krankheit. Versuch einer Rezeptur: 1.) Sei mutig: Begib dich auf die Suche nach einem dir wichtigen Anliegen, auch auf die Gefahr hin, nicht fündig zu werden. Bei Letzterem, weiter zu 6.) Ansonsten: 2.) Schau in den Spiegel und artikuliere dieses Anliegen. Geht das nicht, rede mit anderen darüber. Geht das nicht, weiter zu 6). Ansonsten: 3.) Frag dich nicht, OB, sondern WIE du dieses Anliegen an andere vermitteln kannst. Dabei sind »aber/jedoch« und ähnliche dir so vertraute Rettungsanker auf unbestimmte Zeit verboten. Ebenso: »wir« und »die«. Es gibt nur den Rest der Menschheit und dich. Solltest du zu einer Lösung kommen: weiter zu 5.) Ansonsten: 4.) Such dir eine oder mehrere Personen, die dir bei der Umsetzung helfen. 5.) Leg los und handele jetzt. 6.) Wechsle den Beruf. Bibliothekar*in kann auch interessant sein.

In: Magazin “dramaturgie”, 2/16, S. 54

Digital gedetox’d

Was tun bei Social-Diarrhoe auf der Facebook-Wall? Bei anhaltendem Twitter-Tourette oder Eilmeldungsvomitation im persönlichen Newsstream? Und dem ansteigendendem Bedürfnis, dem Establishment mit der eigenen Schreibwut in den Allerwertesten zu treten? Man diagnostiziert sich selbst der  “Digitalen Hysterie”, schreibt ein Kurzkonzept, in dem das Wort “Theater” vorkommt und welches von digitaler Entgiftung handelt, ergattert somit als utopisches Politikmagazin (welches aus unerklärlichen Gründen im Print erscheint) einen Slot parallel zu Sascha Lobo auf Europas größter Digitalmesse. Man heuert jemanden an, der etwas mit dem wohlbemerkten “Theater” zu tun hat, trifft sich am Tag der Arbeit, um einige Kalauer aneinander zu reihen, engagiert noch einen allseits bekannten Smartphone-Gehilfen mit vier Buchstaben als Stargast und zeigt am darauffolgenden Tag das Stück “Digital Detox – Sprechstunde mit Dr. Wiebke Weiss-Weiter” auf der re:publica und gibt Millionen von Zuhörern via Audiolivestream die Möglichkeit mitzuerleben, dass auf Skype generell nie Verlass sein kann und man beim in-den-Allerwertesten-treten mit Technikausfall und halbkonsequent ausgeführter Digitalentgiftung prinzipiell immer viel Spaß hat.

Geschehen am: 02.Mai 2016, 19.45-20.15 (eigentlich eine halbe Stunde später), re:publica TEN, Stage 4, Berlin Station

Mit vier der Utopisten von Kater Demos a.k.a. Elisa Bilko, Raimon Klein, Klein Alexander Sängerlaub & Franziska Teubert